Verstoß gegen DIN-Normen – Trotzdem Mangelfreiheit des Werkes möglich?

In seinem Urteil vom 16. August 2022 (Az.: 14 U 1140/21) entschied das OLG Dresden über die Frage, ob ein Werk trotz eines Verstoßes gegen die DIN-Normen mangelfrei sein könne. In ihrem Artikel in der Immobilienzeitung vom 1. Juni 2023 setzt sich Rechtsanwältin Dr. Anja Birkenkämper inhaltlich mit der Entscheidung auseinander. In dem, dem Urteil zugrunde liegenden Fall, wurde der Beklagte vom Kläger damit beauftragt, die Dachabdichtung und -schalung zu reparieren. Dabei vereinbarten die Parteien keine spezielle Ausführungsart. Es entstand ein Streit darüber, ob das Dach mangelhaft war. Der Kläger forderte die Rückzahlung von Werklohn, welchen er bereits in Abschlägen gezahlt hatte. Die Schalung war mit Glattkantbrettern ausgeführt worden. Der Kläger war jedoch der Auffassung, dass sie hätte mit gespundeten Brettern erfolgen müssen und verweigerte endgültig die Abnahme. Bei Vertragsschluss sahen die DIN 18531 sowie die einschlägige Flachdachrichtlinie vor, dass gespundete und gehobelte Bretter zu verwenden seien. Dies hatte sich zum Zeitpunkt der Abnahme geändert. Ein Sachverständiger beurteilte das Werk als mangelfrei. Die vom Beklagten vorgenommene Ausführung sei sowohl technisch und konstruktiv als auch ökonomisch richtig gewesen. Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen, auch die Berufung hatte keinen Erfolg. Laut OLG sei für die Mangelfreiheit entscheidend, ob die Ausführungen zur maßgeblichen Zeit der Abnahme oder wie hier, der Abnahmeverweigerung, nach den anerkannten Regeln der Technik erfolgten. Dabei sei insbesondere zu beachten, dass DIN-Normen keine Rechtsnormqualität haben. Sie würden sich vielmehr den anerkannten Regeln der Technik unterordnen und es würde vermutet werden, dass sie diese auch wiedergeben. Es handele sich dementsprechend um eine echte Beweislaständerung, wobei derjenige beweispflichtig werde, der von den DIN-Normen abweiche. Durch ein Sachverständigengutachten könne jedoch dieser Beweis geführt werden. Ein solches war im zu entscheidenden Fall eingeholt worden.