In ihrem Beschluss vom 12. Juli 2022 (Az.: VK 3-24/22) entschied die Vergabekammer Westfalen über die Erforderlichkeit von Stoffpreisgleitklauseln angesichts des Krieges in der Ukraine.
In ihrem Artikel in der Immobilienzeitung vom 8. September 2022 setzt sich Rechtsanwältin Christina Meincke inhaltlich mit der Entscheidung auseinander. In dem, dem Beschluss zugrunde liegenden Fall, erfolgte Ende Januar diesen Jahres die europaweite Ausschreibung von Rohbauarbeiten. Kurz darauf, im Februar 2022, begann der Krieg in der Ukraine. Die Angebotsfrist lief im März ab. Im April wurde ein Angebot vom Auftraggeber ausgeschlossen. Grund hierfür war ein unangemessen niedriger Preis.
Der Ausschluss wurde vom Unternehmen mit Verweis auf den Erlass vom März 2022 des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen über kriegsbedingte Preissteigerungen gerügt. Dieser sieht die Verwendung von Stoffpreisgleitklauseln vor, da einige Stoffgruppen ungewöhnlichen Preisschwankungen unterliegen. Das Unternehmen führte aus, dass das Angebot angemessen sei, wenn eine solche Stoffpreisgleitklausel verwendet werden würde.
Die Vergabekammer entschied zugunsten des Unternehmens. Die Ausschreibung stelle einen Verstoß gegen die VOB/A dar. Grund hierfür sei die Tatsache, dass dem Unternehmen ein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet wird. Es müsse das volle Risiko erheblicher Preissteigerungen tragen, sofern keine Stoffpreisgleitklauseln verwendet werden. Deren Ausmaß sei für den Bieter bei der Abgabe seines Angebots nicht ermittelbar. Der Erlass begründe für den Auftraggeber zwar keine vergaberechtlichen Handlungspflichten. Mithin sei eine direkte Berufung des Unternehmens auf den Erlass nicht möglich. Nach dessen Intention solle im Zweifel jedoch ein solches ungewöhnliches Wagnis vorliegen, sofern keine Stoffpreisgleitklauseln existieren.
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