Eignungsanforderungen in einem Vergabeverfahren, welche besonders hoch sind und „Newcomer“ ausschließen, können dann unangemessen sein, wenn sie wettbewerbsbeschränkend wirken. Das OLG Schleswig entschied mit seinem Beschluss vom 10.12.2020 (54 Verg 4/20), dass ein Auftraggeber oder eine Auftraggeberin eine Geschäftstätigkeit von drei Jahren als Mindesteignungsvoraussetzung dann bedingen kann, wenn es um ein komplexes Großbauvorhaben geht, bei welchem hohe Anforderungen an Koordinierung und Ausführung gestellt werden. So ein Artikel in der Fachzeitschrift *„Vergabe News“ in der Ausgabe April 2021.
In dem, dem Beschluss zugrunde liegendem Fall, hatte die Auftraggeberin am 2. April 2020 den „Neubau eines Laborgebäudes“ ausgeschrieben und in der Auftragsbekanntmachung eine bestehende Geschäftstätigkeit von mindestens drei Jahren vorausgesetzt. Die Bieterin, welche sich Mitte des Jahres 2019 gegründet hatte, gab ein Angebot ab. Im Formblatt 124 trug die Bieterin für die Jahre 2017 und 2018 einen Umsatz von 0,00 Euro ein. Daraufhin wurde ihr Angebot von der Auftraggeberin ausgeschlossen. Dagegen setzte sich die Bieterin zunächst vor der Vergabekammer (VK) Schleswig-Holstein mit einem Nachprüfungsverfahren zur Wehr, anschließend folgte die sofortige Beschwerde. In ihrer Begründung trug die Bieterin vor, die Mindesteignungsvoraussetzung der dreijährigen Geschäftstätigkeit sei in § 6a EU Abs. 2 VOB/A nicht vorgesehen. Die Forderung sei ungeeignet sowie vergaberechtswidrig.
Die sofortige Beschwerde war zulässig, jedoch nicht begründet. Der Ausschluss des Angebots sei nach § 16b EU Abs. 1 VOB/A zulässig. Gemäß dieser Vorschrift ist beim offenen Verfahren die Eignung der Bieter zu prüfen. Danach sind dabei anhand der vorgelegten Nachweise die Angebote der Bieter auszuwählen, deren Eignung die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendigen Sicherheiten bietet, dies bedeutet, dass sie die erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit besitzen, keine Ausschlussgründe gemäß § 6e EU VOB/A vorliegen und sie über ausreichende technische und wirtschaftliche Mittel verfügen.
Maßgeblich für die Beurteilung der Bietereignung sind gem. § 122 Abs. 4 GWB und § 6 EU Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VOB/A allein die Kriterien, welche in der jeweiligen Aufforderung bzw. Auftragsbekanntmachung festgelegt wurden. Die Eignungskriterien dürfen gem. § 6 EU Abs. 2 S. 2 VOB/A und § 122 Abs. 2 S. 2 GWB ausschließlich Folgendes betreffen: Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung, wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie technische und berufliche Leistungsfähigkeit. Gem. § 6 EU Abs. 2 S. 3 VOB/A müssen die Eignungskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Für die Prüfung sind vom Bieter die Eignungsnachweise nach § 6a EU VOB/A vorzulegen.
Die bestehende Geschäftstätigkeit seit drei Jahren sei nach diesen Vorschriften ein zulässiges Eignungskriterium, welches auch durch die Erwähnung in der Auftragsbekanntmachung als Mindestbedingung aufgestellt wurde. Der Ausschluss könne demnach auf § 16b EU Abs. 1 VOB/A gestützt werden. Auch ein angemessenes Verhältnis im Sinne des § 6 EU Abs. 2 S. 3 VOB/A sei hier anzunehmen. Bei dem Neubau eines Laborgebäudes handele es sich um ein sehr komplexes und großes Bauvorhaben, welches den hohen Sicherheitsanforderungen S2 und S3 entsprechen muss. Für den Neubau müssten über einen sehr langen Zeitraum hinweg viele Schnittstellen mit weiteren Gewerken koordiniert werden. Dies setze besondere Leistungsfähigkeit und bereits gesammelte Erfahrung voraus. Ein Unternehmen, welches die Mindestanforderung der Geschäftstätigkeit von drei Jahren erfüllt, bringe eine höhere Gewähr für die ordnungsgemäße Verfahrens-gegenständliche Leistungserbringung mit sich.
Die Entscheidung kann unter der URL www.leinemann-partner.de unter der Quicklink-Nr. 1042101 nachgelesen werden.
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